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Keine Kapitulation vor der Internet-Piraterie!

Zum Bericht des Bundesrates zur unerlaubten Werknutzung über das Internet in Erfüllung des Postulates 10.3263 Savary


Allianz gegen Internet-Piraterie
Die Internet-Piraterie dürfte in der Schweiz bei den Urhebern, der Kreativindustrie und den Steuerzahlenden einen jährlichen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe verursachen. Trotzdem hat die Schweiz bis anhin zu wenig unternommen, um diesen grossen Schaden einzudämmen. Damit das nicht so bleibt, haben sich zahlreiche führende Organisationen der schweizerischen Medien- und Kulturbranchen zu einer Allianzplattform gegen Internet-Piraterie zusammengeschlossen (aktuelle Liste s. am Schluss der Medienmitteilung). Diese Organisationen vertreten mehrere zehntausend Arbeitsplätze in der Schweiz. Bundesrat verneint Handlungsbedarf zu Unrecht
Konkret geht es um den Bericht des Bundesrates vom 30. November 2011 zur unerlaubten Werknutzung über das Internet, der in Erfüllung des Postulates 10.3263 Savary erarbeitet wurde. Die Folgerungen sind inakzeptabel, weil jeder Handlungsbedarf verneint wird. Der Bericht kommt einer Kapitulationserklärung vor dem illegalen Anbieten von Medieninhalten über das Internet gleich. Dies aus den folgenden Gründen:
  • Daten fehlen: Die Einnahmenausfälle der Rechteinhaber aufgrund von illegalen Aktivitäten sind in allen betroffenen Branchen massiv: Trotzdem verzichtet der Bericht vollständig auf die Erhebung von aktuellen und erhärteten Daten für die relevanten Schweizer Märkte, obwohl Studien z.B. aus Deutschland zeigen, in welchem erheblichen Umfang mittlerweile urheberrechtlich geschützte Inhalte über das Internet abgefragt werden.
  • Kriminalität wird toleriert: Auch die vom Bericht als illegal anerkannte Upload-Praktik und Filesharing durch Internet-Kriminelle hält der Bundesrat für tolerierbar. Das Urheberrecht wird so schleichend ad absurdum geführt und mittelfristig sinnentleert.
  • Laissez-faire ist rechtspolitisch bedenklich: Dass der Bundesrat auf die Verfolgung von klaren Rechtsverstößen gegen die Eigentumsrechte der Kreativen künftig verzichten will, weil «sich der Schaden der Branche insgesamt als begrenzt» erweise, ist rechtspolitisch bedenklich.
    * Missachtung des Jugendschutzes: Der Bundesrat ignoriert die Tatsache, dass die auch von Minderjährigen zum Download genutzten illegalen Quellen den Jugendschutz missachten: Gewaltverherrlichende und pornographische Inhalte sind auf den einschlägigen Seiten direkt sichtbar oder nur einen Klick entfernt.
  • Schweiz wird international ins Abseits gestellt: Andere Unterzeichnerstaaten der WIPO-Verträge bekämpfen die unhaltbare Situation auf ihrem Territorium tatkräftig, weil sie Kultur und Arbeitsplätze retten wollen. Die vom Bundesrat befürwortete Laissez-faire-Haltung droht die Schweiz ins Abseits zu stellen und internationalem Druck auszusetzen, da sie gegen unterzeichnete WTO-Verträge verstösst.
  • Verniedlichung der Problematik: Der Bundesrat schätzt die Internetpiraterie für die Schweiz als nicht sehr besorgniserregend ein, weil hauptsächlich ausländische Rechteinhaber betroffen seien. Dies widerspricht diametral den internationalen Gegenrechtsprinzipien im Immaterialgüterrecht.
  • Keine Kompensationsmöglichkeiten: Der Bericht verweist auf Kompensationsmöglichkeiten für die Kulturschaffenden und die Unterhaltungsindustrie über steigende Ticketpreise und Merchandising. Aber dies hilft zum Beispiel dem Markt für Ton- und Filmaufnahmen oder bei der Literatur nicht: Welcher Produzent wird noch Aufnahmen - auch mit Schweizer Künstlern - produzieren, wenn sie im Internet ohne Abgeltung frei erhältlich sind? Wie sollen dann aber neue Künstler bekannt werden, wenn ihre Aufnahmen nicht mehr produziert werden? Dann sind auch keine Merchandising- und Konzerteinnahmen mehr realisierbar.
  • Wichtige Branchen ausgeklammert: Der Bericht berücksichtigt zwar nebst der Musik auch den Filmmarkt und den Markt für Computerspiele, klammert aber die ebenfalls zunehmend betroffenen Buch- und Printmedieninhalte unverständlicherweise vollständig aus.
  • Urheber und ausübende Künstler vergessen: Verschärfend kommt hinzu, dass der Bericht unverständlicherweise an keiner Stelle den Urheber erwähnt und kaum auf die Rolle des ausübenden Künstlers eingeht. Der Schweizer Gesetzgeber schützt aber insbesondere auch den Urheber von geistigem Eigentum und gesteht ihm eine Entschädigung für dessen Nutzung zu. Vom Bundesrat kann und soll verlangt werden, dass er diese Vorgabe des Gesetzgebers zwingend mit beachtet.
Masterplan: Umfassende Auslegeordnung ist vordringlich
Vordringlich ist eine umfassende Auslegeordnung zugunsten der Anerkennung und Durchsetzung der Ansprüche aus der Nutzung von Werken im digitalen Zeitalter (Masterplan gegen Internet-Piraterie). Die unterzeichneten Organisationen sind selbstverständlich bereit, in einem solchen Prozess aktiv mitzuwirken. Der Masterplan sollte im Minimum die folgenden Elemente enthalten:
  • Schweizer Daten: Wissenschaftliche erhärtete und aktuelle Daten zum Stand und zur Dynamik der einzelnen Märkte in der Schweiz (Akteure, Kanäle, legale/illegale Plattformen: Vielfalt, Qualität, Umsätze) in Musik, Buch, Film, Zeitungen und Zeitschriften (online und Print), Game, Kunst. Vergleich mit anderen Ländern.
  • Auslegeordnung der Instrumente: Bewertung von bestehenden ausländischen, in der Wissenschaft oder in der Praxis diskutierten Konzepten zur Eindämmung der Internet-Piraterie anhand von transparenten Kriterien.
  • Prävention: Auslegeordnung geeigneter Präventionsmassnahmen gegen Internet-Piraterie.
  • Ausarbeitung von Entscheidungsgrundlagen: Entwicklung von Strategien und Massnahmenplänen in den verschiedenen Handlungsfeldern als Entscheidungsgrundlage für Programme und allfällige nachgelagerte Gesetzgebungsprojekte.
  • Definition einer Vision 2015/2020, Identifikation weiterer relevanter Handlungsfelder und Umsetzungs- und Vorgehensempfehlungen sowie Reporting/Controlling
Allianz fordert Zurückweisung des Berichts durch das Parlament
Die Allianz gegen Internet-Piraterie fordert das Parlament angesichts des Handlungsbedarfs auf, den Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Savary zurückzuweisen und den Bundesrat zu beauftragen, konkrete Massnahmen vorzuschlagen. Die Allianz wird mit dem Parlament im neuen Jahr im Hinblick auf die parlamentarische Behandlung des Berichts und neue parlamentarische Vorstösse in Kontakt treten. Für Rückfragen:
Roger Chevallaz, Präsident Audiovision Schweiz, +41 31 387 37 97 oder +41 79 376 83 03

Folgende Organisationen und Persönlichkeiten bilden die Allianzplattform gegen Internet-Piraterie (Stand 22.12.2011): AdS Autorinnen und Autoren der Schweiz: Nicole Pfister Fetz, Geschäftsführerin
ARF/FDS - Verband Filmregie und Drehbuch Schweiz: Brigitte Zimmermann, Stv. Geschäftsleiterin
ASDEL Association Suisse des Diffuseurs, Editeurs et Libraires: Jacques Scherrer, Generalsekretär
AudioVision Suisse: Roger Chevallaz, Präsident
Cinésuisse : Sven Wälti, Geschäftsführer
ifpi Schweiz : Ivo Sacchi, Präsident
Impressum : Béatrice Gurzeler, Zentralsekretärin
ProCinema : René Gerber, Geschäftsführer
ProLitteris : Werner Stauffacher, Vizedirektor
SBVV Schweizerischer Buchhändler- und Verlegerverband Dani Landolf, Geschäftsführer
SCHWEIZER MEDIEN: Urs F. Meyer, Geschäftsführer
SSA Société Suisse des Auteurs, Société coopérative : Juerg Ruchti, Direktor
SIG Schweizerische Interpretengenossenschaft: Cla F. Nett, Geschäftsführer
SUISSIMAGE : Dieter Meier, Geschäftsführer
Suisseculture: Hans Läubli, Geschäftsführer
SUISA: Andreas Wegelin, Generaldirektor
SVV Schweizerischer Videoverband: Markus Naef, Vorstandsmitglied
SWISSPERFORM : Poto Wegener, Direktor Die Allianz steht für weitere interessierte Organisationen offen, die Liste wird fortlaufend ergänzt.